Fiktive Ausstellung zweckentfremdete Nutzung gestalteter Gegenstände
Zusammenfassung
Ein Ausstellungsobjekt, dass mit Pop-Up-Elementen arbeitet, ist bereit zur Präsentation, obwohl sich die Grundidee ein ganzes Buch zu gestalten nicht durchsetzen konnte. Schritt für Schritt entfaltete sich der gestalterische Prozess, sodass sich hinter dem vermeintlich simplen Pop-Up-Buch ein zeitaufwendiges Projekt und gut ausgearbeitete Gedankengänge verbargen. Je intensiver die Arbeit wurde, desto mehr offenbarte sich unsere Liebe für das Detail, die uns besonders bei den Skizzen und der Visualisierungen der Geschichte geholfen haben. Die Detailliebe hatte allerdings auch ihre Nachteile: So nutzten wir für Arbeitsschritte, wie quick and dirty prototyping ausgearbeitete Platinenskizzen, statt diese für unser Endergebnis zu verwenden. Das Zeit-Leistungsverhältnis geriet leicht aus dem Gleichgewicht und unser Vorhaben alle Gedanken innerhalb der 6 Wochen umsetzen zu wollen, war demnach nicht machbar gewesen. Neue Ansätze die Arbeitsschritte aufzuwerten und zu verändern führten dazu, dass von den ursprünglich 4 geplanten Doppelseiten nur eine Doppelseite pop-up-artig dargestellt wurde. Wir sehen dieses Ergebnis als wenig belastend an, sondern bewundern und hegen großen Respekt vor solch einer Detailarbeit. Somit stehen wir 6 Wochen später nicht nur mit einem zufriedenen Ergebnis, sondern auch mit einer aufgestellten Struktur, einem umfangreichen Wissen an Elektroschrott, sowie Handyrecycling und Erfahrungen mit Falt-, Schneide und Illustrationstechniken da, sind uns aber dennoch bewusst, dass auch wir noch Methoden zur Feinarbeit anwenden müssen.
Hintergrund
In dem Vertiefungsprojekt NID 8 geht es um das Erstellen eines Exponats für eine Ausstellung mit dem Thema „Zweckentfremdete Nutzung gestalteter Gegenstände“ im Sinne des Non-intentional Designs. Dies heißt, dass eine breite Auseinandersetzung mit dem Thema stattfinden soll und die Besucher dieser Ausstellung überwiegend aus der Kreativbranche kommen. Das Ausstellungsstück, das erarbeitet wird, sollte über die indirekten und unsichtbaren Folgen von Gestaltung informieren und dazu anregen, in Zukunft intelligenter mit den Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, umzugehen. Wichtig bei der Erarbeitung ist, dass sich im besonderen Maße unter anderem mit Materialbeispielen, Objektstudien, Schautafeln, Daten und so weiter auseinandergesetzt wird. Idealerweise sollte das Exponat zudem an bisherige Projekte aus dem Semester anknüpfen. Die Zeit, die dafür vorgesehen ist, beträgt 6 Wochen.
Gruppenmitglieder
- Jasmin Kreilmann
- Patricia Reker
Conceptual Design
Zu Anfang unseres Projekts begannen wir mit einem Brainstorming, welches anschließend in einer Mindmap mündete. Dabei stellten wir uns die Frage: Wollen wir ein Ausstellungsstück oder einen ganzen Raum gestalten? Inspiriert von den Semesterprojekten sammelten wir anschließend verschiedene Arten der Präsentation. Diese reichen von einem Pop-Up-Buch über Infografiken bis hin zu einem virtuellen Raum. Nach weiteren Überlegungen verwarfen wir jedoch den Ansatz eines gesamten Ausstellungsraumes, da die Gestaltung dessen nur digital möglich gewesen wäre und uns die technischen Möglichkeiten hierfür fehlten. So entschieden wir uns also für den Ansatz ein einzelnes Ausstellungsstück zu gestalten.
Mind Map
Inspiriert von der NID 7 kamen wir auf zahlreiche Ideen, die Papier beinhalten. Besonders gefiel uns der Ansatz mit Pop-Up-Elementen und wir stellten prompt fest, dass dieser viele Vorteile mit sich brachte, zum Beispiel die Wechselwirkung, die zwischen Pop-Up und Betrachter entsteht.
Gleichzeitig entwickelten wir Anforderungen, die unser Ausstellungsstück erfüllen sollte: kinderfreundlich, interaktiv und umweltfreundlich. Besonders wichtig ist uns dabei die Kinderfreundlichkeit, da Kinder die zukünftigen Designer dieser Welt sind und so ein Umdenken stattfinden kann. Und am besten lässt sich dies umsetzen, wenn wir eine Geschichte erzählen.
Daraufhin machten wir uns auf die Suche, was es für Möglichkeiten bei der Arbeit mit Papier gibt, wobei wir auf drei spannende Varianten gestoßen sind. Ihre Vor- und Nachteile haben wir an einem digitalen Board aus Sticky Notes zusammengefasst. Inspiriert davon erarbeiteten wir zudem ein Moodboard.
Die drei Varianten
Moodboard
Gleichzeitig stießen wir auf das Cradle-to-Cradle Prinzip – ein Prinzip, in welchem ein Kreislauf endlos zirkulieren kann, welches uns sehr faszinierte.
So entstand am Ende der Phase folgender Pitch:
„Interaktiv, informativ und Kinderfreundlich“ – ein erzählerisches Ausstellungsstück aus Papier nach dem Cradle-to-Cradle Prinzip konstruiert. Auf Grundlage dieses Pitches entwickelten wir folgende Ausformulierung unserer Idee:
Ein interaktives Ausstellungsstück für die Ausstellung mit dem Thema „Zweckentfremdete Nutzung gestalteter Gegenstände“, das mit Pop-Up Elementen arbeitet und einem dadurch ein gewisses Thema in erzählerischer Form näherbringt. Es könnte zudem im Shop als Souvenir verkauft werden. Das Objekt selbst soll dabei mit dem Cradle-to-Cradle Prinzip den Lebenszyklus eines Gegenstandes, zum Beispiel Elektroschrott, thematisieren. Der Besucher soll sich durch die Interaktion mit dem Objekt verbunden fühlen. Jede Seite, die dabei neu aufgeschlagen wird, überrascht den Betrachter auf wundersame Art und Weise und es wird ein gutes Gefühl bei diesem hervorgerufen, da sich erst durch seine Handlung das Objekt errichtet hat. Zudem nimmt die Geschichte, die so erzählt wird, eine völlig neue Form an, da sie durch ihren dreidimensionalen Charakter bis in den Raum hineinreicht. Sie wird also spannender, aber auch umso schockierender. Der Betrachter hat das Gefühl, die Geschichte im Griff zu haben und doch wieder nicht; sie entfaltet sich erst durch das Aufschlagen, nimmt daraufhin jedoch ihren eigenen Lauf. Zudem sollen Kinder sich durch das Objekt angesprochen fühlen, denn sie sind die zukünftigen Designer dieser Welt.
Design Development
In der nächsten Phase setzten wir uns an eine genauere Ausarbeitung unserer Idee. Wir machten uns Gedanken darüber, wie und warum wir das Ausstellungsstück gestalten wollen, wie unsere Zeitplanung aussehen sollte und was wir alles zur Visualisierung unserer Idee brauchten.
Zunächst mussten wir uns jedoch auf eine der drei Varianten festlegen und entschieden uns dabei für das Pop-Up-Buch, da es genügend Raum bietet, um eine Geschichte sowohl mit Bildern als auch Informationen zu erzählen, den Betrachter durch die Wechselwirkung einbezieht und es sich zudem als Souvenir im Museumsshop verkaufen ließe. Wir beschlossen zudem mithilfe des Buches die Geschichte eines elektronischen Gerätes, zum Beispiel einem Handy, zu erzählen und es zum Leben zu erwecken.
Wir stellten außerdem zahlreiche Recherchen an, um herauszufinden, wie sich das Cradle-to-Cradle Prinzip am besten umsetzen ließ. Aber was genau ist denn nun dieses Cradle-to-Cradle Prinzip und wie funktioniert es?
Kurzum gesagt: Das Prinzip verfolgt das Ziel, Materialien und Nährstoffe endlos zirkulieren zu lassen. Aus diesem Grund muss bereits bei der Produktenwicklung und -herstellung nachhaltig gedacht werden. Vorbild für dieses Prinzip ist dabei die Natur: Es wird nichts verschwendet, sondern weiterverwertet ganz nach dem Motto „Nährstoff bleibt Nährstoff“. Der Vorteil am Cradle-to-Cradle Prinzip ist, dass im Gegensatz zum Recycling nicht an Qualität eingebüßt wird. Jedoch fordert das Prinzip ein hohes Maß an Diversität, denn vielfältige Ökosysteme sind widerstandsfähiger und flexibler, so muss also auch das Design eine Vielfalt an Ideen, Konzepten, Meinungen und Ideen einbeziehen.
Dabei wird zwischen zwei Sphären unterschieden: Der Biosphäre und der Technosphäre. Erstere beschreibt biologische Kreisläufe; Materialien müssen gesundheitsverträglich und kompostierbar sein, und Abrieb oder Verlust muss biologisch abbaubar sein. Die Technosphäre dagegen beschreibt den technischen Kreislauf bei Gebrauchsgütern. Hier nutzen sich Produkte nicht ab und begrenzt zur Verfügung stehende Rohstoffe, wie zum Beispiel Kupfer, können endlos zirkulieren.
Zeitgleich stießen wir auf eine Grafik, welche die Phasen des Konsums thematisiert. In einem schier unendlichen Kreislauf zirkulieren Auswahl und Beschaffung, Ge- und Verbrauch sowie Entsorgung und Wiederverwertung. Wenn das Handy in unserer Geschichte aber zum sprichwörtlichen Freund des Menschen werden sollte und der Kreislauf zirkulieren sollte, dann musste dieses früher oder später den Geist aufgeben. Die Thematik „Tod“ eröffnete uns dabei eine völlig neue Problematik; denn wie stellt man den Tod kinderfreundlich dar?
Unsere Recherchen ergaben dabei folgendes:
Die Darstellung von Gewalt wird von den Kindern in Hinsicht auf die Folgen/Konsequenzen der jeweiligen Gewaltszene beurteilt:
Wenn eine Figur oder ein Objekt
• blutet • Schmerzen empfindet • weint • regungslos an Ort und Stelle verharrt
Dargestellte Gewalt kann gerechtfertigt werden, wenn die Gewalthandlungen nur „angeteasert“ / angedeutet und nicht gezeigt werden. Der Stil der Darstellung ist essenziell: Zeichentrick/Cartoon, Comic, Animation, …
Hilfreiche Inspirationen sind z. B. :
Disney Die Sendung mit der Maus Jim Knopf
Abschnitt über Disney:
Hier im Artikel ,,König der Löwen“ als Beispiel genannt, ist für viele Kinder ein emotionaler und ängstlicher Film. Die Bilder sind dramatisch und die Geschichte sehr symbolisch verpackt. Das Thema (Eltern)verlust löst ein unwohles Gefühl aus.
Pop-Up-Geschichte mit Witz verpacken?
- aufgrund des schmalen Grades zwischen Realität und Fiktion
Dargestellte Figuren bekommen für Kinder plötzlich eigene Gedanken und Gefühle, quasi ein eigenes Bewusstsein und scheinen nicht mehr wirklichkeitsfremd.
Tiefgehendere Themen erfordern das passende Alter und der geistige und emotionaler Stand der Entwicklung. Je jünger die Kinder, desto vereinfachter sollten Medien dargestellt sein. Für beispielsweise einen Grundschulschüler wirkt zum Beispiel das Thema Fortpflanzung abstoßend und albern bzw. lächerlich, ein 5jähriger kann allerdings nichts mit dem dargestellten Sachverhalt anfangen. Kinder im Vorschulalter weisen Irritationen auf, wenn mit dramaturgischen und symbolischen Elementen gearbeitet wird. Je nach Objekt oder visueller Darstellung kann dies sogar einen verstärkten Effekt erzielen (z.B. Katze, die im Fernseher über eine Großaufnahme plötzlich gefährlich und überwältigend wirkt). Zwischen Fiktion und Realität können sie keine klaren Unterschiede feststellen.
Grundschulkinder beziehen die angesprochene Thematik auf ihr Alltagleben. Im Falle des Handys überlegen sie, wie Mama oder Papa mit ihrem Smartphone umgehen und wie oft ein neues Smartphone gekauft wird. Eventuell sogar, wohin das alte, nicht länger genutzte Smartphone kommt. Jedes Kind ist von Natur aus ein anderer Typ. Die eine ist abgehärtet, der andere ist unsicherer und es gibt Kinder, die der Welt sogar mit geschlossenen Augen entgegentreten, aber wenn wir unser Projekt vorwiegend an ein junges Publikum richten wollen, dann sollen wir eines bedenken: Kinder haben ihr Leben noch nicht gelebt und vieles erscheint ihnen neu. Medien kennenzulernen ist besonders in der heutigen Zeit wichtig und soll das Interesse anregen. Unser Pop-Up-Projekt sollte dementsprechend von der Geschichte her von Dramatik und Tragödie zurücktreten und dem hauptsächlichen Medium überlassen (auch wenn nichtsdestotrotz die Geschichte wichtig ist...)
Generell wird dazu geraten Kindern unterstützend beizustehen, wenn sie mit Alltagsthemen konfrontiert werden. In unserem Falle würde das bedeuten, dass wir unsere Geschichte zwar kindesernst präsentieren, aber auch ratgebend, sozusagen eine Hilfestellung geben. Wir wollen sie zum Grübeln und Nachfragen anregen; nicht zum Überfordern.
Anschließend verglichen wir, wie in Zeichentrickfilmen mit dem Thema Tod umgegangen wurde:
Der Tod selbst wird nie gezeigt, sondern nur angedeutet. Immer wieder auftauchende Motive sind:
• (In den Tod) fallen, verschwinden • auflösen • In Flammen, Licht, Feuerwerk... aufgehen
Angedeutet werden sie durch zum Beispiel Wolken, die aufsteigen, Schatten, im Nichts verschwinden...
Das Farbschema ändert sich signifikant (meistens zur Dunkelheit)
Symbolik: Gesichtslosigkeit, extreme Größenunterschiede...
Die Lösung unseres Problems war also das Objekt von einer Vermenschlichung in eine Entmenschlichung zu überführen: Wenn es zuvor zum Beispiel noch Augen, Mund und Beine hatte, dann verschwinden diese im toten Zustand und das zuvor lebendige Objekt wird zu einem einfachen Objekt ohne menschliche Attribute.
So entwickelte sich ein grober Entwurf der Geschichte, die wir erzählen wollten: Ein Teenager namens Tim ist auf der Suche nach einem neuen Handy. Er wird fündig und benutzt sein neues Handy Tag und Nacht bis es eines Tages plötzlich nicht mehr funktioniert. Anschließend bringt er es in die Reparatur, wo es zwar nicht gerettet werden kann, aber die Einzelteile einem neuen Handy zum Leben verhelfen. Und die Geschichte beginnt wieder von vorne. Stattfinden soll diese Geschichte auf insgesamt vier Doppelseiten, die jeweils ein Stadium des Konsums zeigen.
Für die Visualisierung dieses Projektes erarbeiteten wir zum Schluss der Phase noch einen genauen Zeitplan, der jeden Schritt genau dokumentiert und die Arbeit gerecht aufteilte.
Notizen und Scribbles
Notizen und Scribbles zu der Geschichte und Mittel zur Darstellung von Tod.
Notizen und Scibbles zum Lebenskreislauf eines Handys und Beschäftigung mit dem Tod.
Der Zeitplan
Detailed Design
Auf Grundlage der Ergebnisse aus der letzten Phase begannen wir damit unser Projekt weiter auszuarbeiten. Hierfür musste zunächst die genaue Geschichte in Worte gefasst werden, die wir erzählen wollen:
Die Geschichte
- Doppelseite: Der Kauf
Tim ist 16 Jahre alt und hat ein Problem. Sein altes Mobiltelefon ist vor ein paar Tagen kaputt gegangen und nun braucht er ganz schnell ein neues. Ohne Handy ist er nämlich total aufgeschmissen, schließlich möchte er immer für seine Freunde und Familie erreichbar sein, Musik hören und weiterhin Videos gucken. Außerdem hat jeder in seinem Alter eines! Für Tim ist es unmöglich, ohne Handy zu leben. Deshalb beschließt er so schnell wie möglich in die Stadt zu gehen und sich ein neues Mobiltelefon zu kaufen.
Gemütlich schlendert er durch die Innenstadt und guckt sich die vielen verschiedenen Geräte in den Schaufenstern und Läden an. Tim sieht große und kleine, dicke und dünne, Handys mit Tasten und ohne Tasten. So viel Auswahl! Wie soll man sich da nur entscheiden? Tim weiß nicht, welches Modell er sich kaufen soll. Er lässt sich also von einem Verkäufer beraten. Dieser erzählt Tim, dass er sich unbedingt das neuste Modell von einer gewissen Marke kaufen müsse, da es die höchste Akkulaufzeit, den größten Speicherplatz und die beste Kamera hätte. Tim ist eine lange Akkulaufzeit und ein großer Speicherplatz wichtig, denn er spielt teilweise stundenlang an seinem Handy. So kauft er also das Mobiltelefon, das ihm der Verkäufer empfiehlt.
Tim ist so glücklich! Endlich hat er ein neues Handy! Das muss er gleich seinen Freunden zeigen.
Wusstest du, dass es mittlerweile dutzende Handyhersteller gibt? Fast jeder dieser Hersteller bringt jährlich mehrere neue Handys auf den Markt. Dies liegt daran, dass die Technologie sich immer weiterentwickelt. So wurden im Jahr 2019 ungefähr 21,9 Millionen Smartphones in Deutschland verkauft. Deshalb besitzt jeder Haushalt in Deutschland mindestens ein Handy!
- Doppelseite: Die Benutzung
Zuhause angekommen packt Tim aufgeregt sein neues Handy aus. Als er den Deckel der Verpackung anhebt und das Gerät in Sicht kommt, macht er große Auge. Das ist bestimmt das schönste Handy, das ich je habe, sagt er zu sich selbst, holt es aus seiner Verpackung und schaltet es ein. Sogleich beginnt das Display zu leuchten und ein Schriftzug taucht darin auf. „Hallo“ begrüßt das Telefon ihn. Tim staunt nicht schlecht, schließlich hatte er noch nie erlebt, dass ihn ein Mobiltelefon so begrüßt! Wahllos drückt er einen Knopf und aus dem Hallo wird ein lächelndes Gesicht mit Augen und Mund. Da muss Tim auch anfangen zu lächeln. Er und das Handy würden bestimmt gute Freunde werden.
Von diesem Tag an gab es kaum einen Moment, in welchem Tim sein neues Handy nicht bei sich hat. Wenn er morgens aufsteht, dann ist das erste, das er tut, es einzuschalten und sich von ihm begrüßen zu lassen. In der Schule zeigt er seinen Freunden stolz sein neues Mobiltelefon und die staunen nicht schlecht, als er ihnen zeigt, was dieses alles kann. „Es lächelt mich sogar an!“, erklärt er ihnen und beginnt dabei zu grinsen. Und wenn er dann wieder Zuhause ist und sich auf sein Bett legt, dann starrt er stundenlang nur auf sein Handy und guckt Videos, hört Musik oder spielt ein Videospiel. Daraufhin schaltet er es meistens aus und wieder an, nur damit das Lächeln wieder auf dem Display erscheint.
Es gibt nichts, was er nicht mit seinem Mobiltelefon teilt – Welches Mädchen er zum Beispiel gut findet, was er sich wünscht, was ihm Sorgen bereitet… Ja, es kennt sogar seine peinlichsten Fotos!
Je mehr Zeit er mit dem Handy verbringt, desto bessere Freunde werden sie. Er kann sich ein Leben ohne es gar nicht mehr vorstellen, schließlich ist es mit all diesen Informationen, Wünschen, Sorgen und Fotos ein Teil von ihm. Es kann sein Kummerkasten sein, wenn es ihm mal schlecht geht, es kann aber auch sein Wünscheerfüller sein, wenn er das Bedürfnis danach hat. Dieses Handy ist vermutlich der beste Freund, den er je hatte.
Wusstest du, dass Jugendliche durchschnittlich 36 Stunden pro Woche am Handy verbringen? Das entspricht ungefähr 5 Stunden am Tag. Die meisten Jugendlichen benutzen das Handy dabei am liebsten zum Chatten oder Surfen im Internet und Social Media.
- Doppelseite: Der Tod
Tim hat bisher jeden Tag mit seinem Freund das Handy verbracht. Er lädt es oft über Nacht, damit es immer einen vollen Akku hat, und trägt es immer mit sich herum. Es gibt fast nichts, was er ohne es macht.
Doch eines Tages leuchtet das Display nicht mehr auf. Verzweifelt drückt Tim alle Tasten seines Handys, aber es tut sich nichts. Das Display bleibt schwarz und das Lächeln ist verschwunden. Tim versteht die Welt nicht mehr. Was ist nur mit seinem treusten Freund geschehen? Was soll er nur ohne ihm machen? Mit wem sollte er in Zukunft seine Geheimnisse teilen? Seine Träume und Wünsche?
Ohne seinen Freund, das Handy, war er nicht mehr ganz er selbst. Traurig legte er das Gerät zur Seite und wusste nicht, was er tun sollte. Tim kann seinen alten Freund nicht einfach so aufgeben. Er teilte so viele schöne Erinnerungen mit ihm. Am liebsten würde er ihm sofort helfen. Wüsste er doch nur wie.
- Doppelseite: Wiederverwertung/Reparatur
Am nächsten Tag in der Schule erzählt er seinen Freunden die schreckliche Geschichte. Es nimmt ihn noch immer sehr mit. Da klopft ihn einer seiner Kumpel auf die Schulter und erklärt ihm, dass es eine Möglichkeit gibt seinen Freund das Handy zu retten. Tim spitzt sofort die Ohren. Es gibt Reparaturwerkstätten, in denen man technische Geräte reparieren lassen kann! Gleich in der Stadt gäbe es eine, wo er sein Handy hinbringen kann.
Nach der Schule eilt Tim sofort nach Hause. Aufgeregt schnappt er sich die Reste seines Handys und rennt zur besagten Werkstatt. „Ihr müsst mir helfen!“, ruft er, als er die Tür des Ladens aufreißt. „Mein Freund regt sich nicht mehr! Könnt ihr ihn reparieren?“ Da kommt ein freundlicher Mann auf Tim zu und sagt ihm, dass alles möglich ist, wenn man es nur will. Tim gibt ihm das Handy und gemeinsam gucken sie es sich an.
Der Mann erklärt ihm, dass ein Handy aus ganz vielen kleinen Teilen besteht. „Und diese sind ersetzbar“, sagt er. „Wir können ein Handy auseinandernehmen und viele der Dinge austauschen, umformen und wiederverwenden. Etwa 80% der Teile lassen sich nochmal verwenden: Kupfer, Silber, Gold, Palladium… Weil diese nicht einfach so verschwinden, kann man sie oft wiederverwenden kann, wie man möchte, und deshalb sind sie sehr wertvoll.“
Tims Handy kann der Mann leider nicht mehr retten. Aber dafür würden seine wertvollen Einzelteile in einem neuen Handy Verwendung finden und so zu einem neuen Freund beitragen.
Das Farbschema
Es soll eine kontrastreiche Gestaltung der Doppelseiten geben: Die ersten beiden Doppelseiten sollen bunt, fast schon surreal sein und eine warme Farbstimmung vermitteln, die letzten beiden Doppelseiten sollen dagegen dunkel und fast schon monochrom sein. Die allerletzte Doppelseite greift jedoch die Farbigkeit etwas auf, um problemlos an die erste Doppelseite anschließen zu können.
Die Schriftwahl
Für den Textteil soll eine serifenlose Schriftart verwendet werden, denn Serifen wirken streng und altmodisch. Die verschiedenen Schriftschnitte am Beispiel von der letzten Doppelseite haben wir in einem Styleboard festgehalten. Unserer Meinung nach erschien uns Franklin Gothic Book in Hinsicht auf gute Leserlichkeit die beste Wahl neben Public Sans, welches wir lediglich für hervorgehobene Texte verwendet haben.
Das Styleboard.
Der Ausstellungskontext & Format
Das Ausstellungsstück kann in einem Raum mit anderen Exponaten gezeigt werden auf einem durchschnittlich großen Tisch. Zudem soll es einen Hocker bzw. eine Erhöhung für Kinder oder kleinwüchsige Menschen geben, damit auch diese problemlos eine gute Sicht auf das Buch haben. Dieses wird in angewinkelter Position gezeigt, um die Sicht noch mehr zu erleichtern, und liegt bereits geöffnet da. In der Ausstellung selbst wird das Buch ein Maß von A2 haben, um genügend Schaufläche für viele Besucher zu bieten und zudem attraktiv zu sein. Dies hat eine von uns durchgeführte Umfrage mit großer Mehrheit ergeben. Im Museumsshop dagegen wird es ein Format von 22 x 29 cm haben, ein Format, das sich nach Vergleich von unzähligen Büchern als das gängigste erwies.
Einblick in unser Vorgehen: Wir sammelten und verglichen die Maße einer Vielzahl an Büchern.
Zeichnungen & Layoutskizzen
In zahlreichen Zeichnungen und Skizzen hielten wir verschiedene Layouts und Darstellungen unserer Geschichte fest. Diese dienten uns als Vorlage für den Bau der Prototypen. Während der Erstellung dieser kam uns außerdem der Einfall, dass man zusätzlich zu den Pop-Up-Elementen auch noch weitere interaktive Dinge einbauen könnte, wie Fenster, die sich öffnen lassen, oder Teile, die sich austauschen lassen. Besonders letztere Idee fanden wir sehr gut und integrierten diese in unsere Planung der vierten Doppelseite ein. Inspiriert von dem Spiel „Dr. Bibber“ sollte der Betrachter das Innenleben des Handys herausnehmen und austauschen können.
Zeichnung zur dritten Doppelseite von Patricia.
Zeichnung zur vierten Doppelseite von Patricia.
Materialeinsatz
Für die Umsetzung unserer Planung mussten wir herausfinden, was für Material benötigt wurde. Für die Erarbeitung eines Prototypen würde einfaches Papier bis hin zu Fotokarton ausreichen, zudem benötigten wir für die austauschbaren Teile Klett.
Das Exponat für die Ausstellung selbst würde aus 50# B18 Glatfelter Offset Antique Papier bestehen, welches ohne Aufheller oder Bleichmittel auskommt, und Bio-Papier, um das Prinzip des Cradle-to-Cradle nicht nur zu vermitteln, sondern auch selber in die Tat umzusetzen. Zudem wird Klett für die austauchbaren Elemente und Schnur benötigt, um diese am Buch zu befestigen, damit sie nicht abhanden kommen.
Prototypen
Ausblick: Die ersten beiden Doppelseiten
In der Realisierung unseres Projektes wollen den wir den Fokus vor allem auf die technische Funktion der Falttechniken legen. Daher haben wir uns besonders auf einen Prototyp konzentriert, um diesen ganz auszuarbeiten. Dennoch möchten wir einen Ausblick auf die anderen Seiten liefern, wie diese aussehen und funktionieren könnten. Jeder Prototyp wurde dabei von uns im Format 22 x 29 cm erstellt.
Jasmin baute zu Beginn mehrere Prototypen zur ersten Hälfte der Geschichte, die nach dem Prinzip der Parallel- und V-Faltung funktionieren. Am prominentesten davon ist die V-Faltung, welche in der Falz zwischen den Seiten platziert wird und so beim Aufklappen die weiteren Elemente hochzieht.
Insgesamt entstanden drei Prototypen: zwei der ersten Doppelseite und eine der zweiten Doppelseite. Durch das Fotografieren der Prototypen war es möglich in einem Grafikprogramm über die Modelle überzumalen und verschiedene Kompositionen und Layouts, z.B. der Positionierung der Texte, auszuprobieren.
Zwei Prototypen zur ersten Doppelseite.
Ein Prototyp zur zweiten Doppelseite.
Spielerei mit dem Layout.
Die vierte Doppelseite
Für die vierte Doppelseite entstanden mehrere Prototypen, die von Patricia erstellt wurden. Die ersten beiden bestehen aus einfachem Kopierpapier und visualisieren die grundlegenden Falttechniken und Gestaltungselemente, die wichtig für das ist, was wir vermitteln wollen. Während der erste Prototyp noch sehr detailgetreu ist, ist der zweite Prototyp wesentlich einfacher gehalten, springt dafür jedoch mehr in den Raum hinein und arbeitet sogar mit austauschbaren Elementen, die mit Klett befestigt sind.
Patricia bei der Arbeit.
Der erste Protoyp.
Der zweite Prototyp.
Nahaufnahme der mit Klett befestigten Einzelteile.
Nach anschließender Absprache beschlossen wir das beste aus beiden Prototypen zu vereinen: die Falttechnik, den Hintergrund und die Klettelemente und Prototyp 2 und die Detailgenauigkeit aus Prototyp 1.
Der dritte und möglichst finale Prototyp, der daraufhin entstand, wurde durch Partnerarbeit erstellt: Patricia kümmerte sich um das Bauen und Jasmin um die Erstellung des Hintergrundes. Dieser sollte eine Holzoberfläche zeigen, als liege das geöffnete Handy gerade auf einem Tisch. Dafür wurden zunächst verschiedene Holzsorten herausgesucht und die Farbe dessen mit zahlreichen Grautönen verglichen, um den idealen Farbton für das Holz herauszufinden.
Vergleich verschiedener Holzsorten.
In dem Styleboard, welches bereits in Detailed Design gezeigt wurde, sieht man für welche Holzsorte wir uns letztendlich entschieden haben. Anschließend wurden Stoffbahnen an den Rändern der Seiten erstellt, welche sich von dem Holz abheben sollten und später als Lagerfläche für die austauschbaren Teile dienen sollte. Zusätzlich dazu wurde auch noch eine Pinzette eingebaut. Der gesamte Hintergrund wurde von Jasmin gezeichnet und mit Affinity Photo umgesetzt. Den Text verteilten wir in dem Layout zunächst auf der Ober- und Unterseite im Blocksatz.
Anschließend nutzte Patricia die erstellte Doppelseite als Untergrund für die Erschaffung des Pop-Up-Modells. Auf Fotokarton zeichnete sie detailgetreu das Innenleben eines Handys auf, schnitt jedes Teil einzeln aus und fügte diese zu einem 3D-Modell zusammen.
Einzelteile des Handys.
Nahaufnahme.
Das Pop-Up-Element auf dem Hintergrund.
Angewinkelte Ansicht.
Aufgrund des Klappmechanismus überschneiden sich Pinzette und Stoffbahnen jedoch. Zudem mussten wir feststellen, dass der Fließtext neben dem Pop-up-Element vollkommen unterging und der weiße Rand störte. Also machten wir uns daran den Hintergrund zu überarbeiten und eine neue Komposition auszuprobieren: Wir verkleinerten die Fläche der Stoffbahn auf der rechten Seite, setzten die Pinzette nach links, veränderten die Position der Stoffbahn auf der linken Seite und zogen an den freigewordenen Platz den Text, sodass links nur Informationen stehen und rechts überwiegend die Interaktion stattfinden kann.
Neuer Hintergrund.
Patricia löste das mühsam erarbeitete Modell aus dem alten Prototypen, druckte den Hintergrund neu aus und setzte dieses darauf. Dieses Mal passte alles hervorragend.
Finaler Prototyp mit aufgeklapptem Innenteil.
Leicht angewinkelte Ansicht.
Aufgestellte Seite.
Nahaufnahme des Innenlebens.
Die Gruppenarbeit
Die Gruppenarbeit lief von Anfang an sehr gut. Wir kommunizierten regelmäßig auf WhatsApp und organisierten uns anhand dessen. Zudem trafen wir uns einmal bis zweimal die Woche auf Discord, um dort unsere neusten Ergebnisse zu besprechen und um gemeinsam eine Präsentation für den kommenden Kurs vorzubereiten. Aufgrund ähnlicher Veranlagung waren wir uns oft sehr einig. Manchmal nahm der eine dem anderen sogar einen Gedanken bereits vorweg. Da war es leicht einen ausgewogenen Workflow zu finden und durch die ähnliche Arbeitsmoral konnten wir stets zuverlässig zusammenarbeiten und uns immer auf den jeweils anderen verlassen. So teilten wir das Arbeitspensum immer gerecht auf und hatten trotz erschwerter Bedingungen keinerlei Probleme in der Gruppenarbeit. Dabei kam es uns außerdem zugute, dass wir uns einen strickten Zeitplan erarbeiteten, an den sich beide Parteien hielten.
Insgesamt hat die Erarbeitung des Projekts in der Gruppe also sehr viel Spaß gemacht und hätte nicht besser laufen können.
Das Resümee
Innerhalb von 6 Wochen haben wir ein vielseitiges Projekt auf die Beine gestellt, das sich intensiv mit Elektroschrott, dem Konsumkreislauf und dem Cradle-to-Cradle Prinzip auseinandersetzt. Kinderfreundlich und interaktiv wollten wir damit alle möglichen Altersklassen erreichen, um diese für eine verbesserte Nutzung von Ressourcen zu begeistern. Dabei haben wir ein erzählerisches Pop-up Buch erarbeitet, das sowohl in der Ausstellung gezeigt, als auch im Shop verkauft werden kann. Insgesamt lief die Erarbeitung des Projektes großartig, da wir uns sehr gut miteinander verständigen und so gerecht die Arbeit einteilen konnten. Das Ergebnis war ein vorzeigbarer, ausgearbeiteter Prototyp zu einem Teil der Geschichte, welcher exemplarisch das Vorgehen in diesem Buch visualisiert.
Quellen
Siebert, Daniela „Das Prinzip Cradle to Cradle“, Deutschlandfunk, 22.02.2017 https://www.deutschlandfunk.de/nachhaltige-produktion-das-prinzip-cradle-to-cradle. 697.de.html?dram:article_id=379596, Stand: 13.01.2021
Cradle to Cradle NGO https://c2c.ngo/, Stand 13.01.2021
„Gewalt im Fernsehen: Was Kindern Angst macht“, C Learningstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz an der KH Mainz
https://medienkompetenz.katholisch.de/gewalt-im-fernsehen-was-kindern-angstmacht/, Stand 08.01.2021
„Wenn Medien Kindern Angst machen“, kindergesundheit-info.de https://www.kindergesundheit-info.de/themen/medien/medienwahrnehmung/aengste- verstoerung/, Stand 08.01.2021
https://www.youtube.com/watch?v=Zs5hbbA0rFk
https://www.youtube.com/watch?v=PKlr_dE7u9U
https://www.youtube.com/watch?v=2Uw51fFXSXg
https://www.youtube.com/watch?v=r-GTMzwSg3Y&t=537s https://de.statista.com/statistik/daten/studie/77637/umfrage/absatzmenge-fuer- smartphones-in-deutschland-seit-2008/#:~:text=Die%20Anzahl%20der%20in%20 Deutschland,19%2C7%20Millionen%20Ger%C3%A4ten%20gerechnet.
https://www.chip.de/news/24-Millionen-Smartphones-pro-Jahr-Das-grosse-Problemder- Handyindustrie-und-wie-wir-es-loesen-koennen_132131993.html
https://www.welt.de/print/die_welt/article148925293/So-viele-Handys-wie-Menschen. html
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/181410/umfrage/beliebteste-mobiltelefon- funktionen-bei-kindern-und-jugendlichen/
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/180389/umfrage/gruende-fuer-kaufentscheidung- von-smartphones/
https://www.handyraketen.de/beste-smartphones/handy-neuheiten/
https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.studie-deutsche-jugendliche-sind- 58-stunden-pro-woche-online.d81429d3-c75d-4de6-a978-160073526cdc.html