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Non Intentional Disaster

Zusammenfassung des Projekts

Unser Ausstellungskonzept »Non Intentional Disaster« thematisiert den Neukauf und Konsum von Elektrogeräten sowie die problematischen globalen Auswirkungen am Beispiel des iPhones. Die Umsetzung findet in Form eines Films statt, der sich nach anfänglichem Werbespot-Charakter immer mehr als kritischer Reality-Check entpuppt. Ein reaktives Element und ein voneinander abgewendetes Sitzarrangement tragen zur Atmosphäre und der individuellen Reflexion bei.

Gruppe 04

  • Magdalena Huppertz,
  • Pauline Nögel

Thematischer Hintergrund

Unserem Projekt liegt die Thematik des Elektroschrotts beziehungsweise E-Wastes zugrunde. Unser Fokus liegt dabei besonders auf der Kurzlebigkeit elektronischer Produkte durch die ständige Entwicklung neuer Technologien, die ein wahnhaftes Konsumverhalten begünstigt. Die mangelhafte Entsorgung der Altgeräte durch den Käufer sowie das unzureichende Recyclingsystem stellen die Problematik eines solchen Verhaltens dar, die die Reduktion und die nachhaltige Wiederverwertung des Elektroschrotts zu einer Aufgabe internationaler Größe gestaltet. Geplante Obsoleszenz und eine nicht auf Reparatur ausgelegte Produktion sind weitere Faktoren, die den Müllberg wachsen lassen.

Mindmap

Konzeptentwicklung

Das Ausstellungskonzept findet in einem separaten, abgedunkelten Raum innerhalb der Ausstellung statt und wird durch einen Bewegungssensor an einem Smartphone gestartet, das auf einem Sockel inszeniert ist. Die vier Zuschauer werden durch Scheinwerfer auf die Sitzgelegenheiten verwiesen und betrachten so alle unterschiedliche Wände, auf die der Film projiziert wird. Sowohl inhaltlich als auch visuell orientiert sich dieser circa zweiminütige Clip zunächst an einem Handy-Werbespot und besteht maßgeblich aus 3D-gerenderten Produkt-Shots eines neuen iPhones. Durch absurdere und übersteigerte Szenen wird der Film zum Höhepunkt geführt, der auch musikalisch den spannungsvollsten Moment darstellt, an dem das Bild zu Realaufnahmen wechselt. Bilder von Müllhalden und giftigem Elektroschrott paaren sich mit überfüllten Apple Stores und fanatischen Käufern. Der Film klingt mit sich abwechselnder Typografie und Realbildern aus, die die Slogans von Elektroanbietern in einem anderen Licht dastehen lassen.

Erstellung erster 3D-Modelle

Moodboard zum Höhepunkt des Films

Schematisches Design

Nach vielen verworfenen Raumkonzepten und unterschiedlich ausgeprägten Stufen der Involviertheit des Zuschauers haben wir uns für eine simple, quadratische Raumstruktur mit Eingang und Ausgang entschieden. In der Mitte des Raumes steht ein Sockel, auf dem ein iPhone platziert ist und der von einem Spotlight beschienen wird. Bewegen sich die Zuschauer in den Messradius des Bewegungssensors am Sockel, strahlen die Scheinwerfer auf vier Sessel, die jeweils auf eine der Wände gerichtet sind. Der Film wird auf alle vier Wände projiziert, teils laufen Bilder und Schriften rund um den Raum herum. Die Apple-Stimme Siri verabschiedet die Zuschauer am Ende. Mit einem Moodboard haben wir für uns die Stimmung des Höhepunkt des Filmerlebnisses eingefangen. Unsere Werbespotästhetik, die wir Apple nachahmen, wird von Unbehagen und Bedrohung abgelöst, welche ein Gefühl des Kontrollverlustes erwecken. Da der Film laute Musik und Strobo-Effekte beinhaltet, muss vor der Installation eine Triggerwarnung für Epileptiker und sonstige fotosensitive Besucher ausgesprochen werden.

Brainstorming über Zoom

Raumkonzept

Ausformulierung von Details

Musikalisch ist unsere Wahl auf den Song »Too Original« von Major Lazer (feat. Elliphant) gefallen. Das Lied gibt der visuellen Ebene ihre Struktur, da sich der zeitliche Ablauf des Films an seinem schnellen Beat und der energetischen Atmosphäre orientiert. Die teils erschreckenden Realbilder führen zu einer spannungsvollen Dissonanz zwischen Bild und Ton. Der Film spielt anfangs mit der Kenntnis des Zuschauers über häufig verwendete Elemente von Apple-Werbespots. So beginnt der Clip zum Beispiel mit Typografie, ebenfalls in der Schriftart San Francisco, welche passend zur Entwicklung des Songs animiert wird. Wir arbeiten mit Detailaufnahmen eines 3D-gerenderten Smartphones in einer ausgeleuchteten weißen Hohlkehle mit dezent farbiger Lichtquelle, um das iPhone als Prestigeobjekt zu inszenieren. Auch die Verwendung von farbigen Flüssigkeiten, aus denen sich das iPhone erhebt, ist ein häufig genutztes visuelles Motiv in der Handywerbung. Nach diesen einleitenden Werbeszenen wird ein altes Handy in den Mülleimer geworfen und ein neues ersetzt seinen Platz. Passend zum Beat folgt ein Schauplatzwechsel, bei dem die Kamera in den Bildschirm des iPhones eintaucht: Die Szenen werden rasanter. Vorherige Szenen werden recycelt, steigern in Form eines Flashbacks das Zuvor-Gesehene und treiben es ins Absurde. Die Typografie wird aggressiver, schneller und füllt den Bildschirm aus. Das Produkt dreht sich für eine Werbung deutlich zu schnell und die Überladung an Informationen wirkt reizüberflutend. Mit dem Einsetzen des Pre-Chorus befinden wir uns in einer Verzögerung, die skeptisch oder unruhig stimmt. Das Smartphone fällt in Zeitlupe in der Hohlkehle. Kurze Blitzer, invertierte Farbe und technische Störungen wie Glitches und Kompressionsartefakte leiten zum Höhepunkt des Films über. Im Höhepunkt wird die Geschwindigkeit der Montage und des Schnitts noch erhöht: Es folgen Realaufnahmen von Menschenmassen, die vor Apple Stores campen und nach den neusten Produkten lechzen. Parallel dazu zeigen wir Sequenzen der unkoordinierten Entsorgung des Elektroschrotts und der damit einhergehenden Verschiffung des Problems. Da unsere Zielgruppe das Privileg hat, sich nur mit diesen Problemstellungen auseinanderzusetzen, wenn sie will, zoomen wir in der nächsten Einstellung wieder aus dem Bildschirm heraus. Der iPhone-Nutzer schaltet das Display aus. Den Abschluss unseres Films bildet ein Wechselspiel aus typografischen Einschüben der Slogans unterschiedlicher Elektronikkonzerne und kurzen Flashbacks der gerade gesehenen Realaufnahmen. Dadurch sieht sich der Rezipient gezwungen, die Slogans hinsichtlich der großen Umweltproblematik zu bewerten.

Ausgearbeiteter Storyboard-Frame

Umgesetzter Storyboard-Frame

Storyboard

Das Storyboard besteht aus insgesamt 60 analog erstellten Bildern und ist inhaltlich zusätzlich in die Kategorien Nummer, Motiv, Einstellung, Cast, Anmerkung und Time Code unterteilt. Dabei gibt der Time Code noch keine genaue Sekundenangabe im endgültigen Film vor, sondern stellt eine Einordnung in die neun unterschiedlichen Abschnitte des Films dar. Während bis zur Zeitangabe 1:02 min fast ausschließlich gerenderte Produkt-Shots des Handys zu sehen sind – zunächst in der klassischen Darstellung, dann immer chaotischer, schneller und überwältigender – finden sich im Höhepunkt des Filmes bis 1:19 min nur Realbilder wieder. Im Schlussteil sticht die Typografie besonders hervor. Auffällig ist auch, dass sich die Einstellungen im Höhepunkt weiter in die Extreme bewegen, während die meisten Bilder im klassischen Werbeclipsegment auf Augenhöhe angelegt sind. Die zwei ausgewählten Beispielseiten des Storyboards zeigen zum einen die immer ausgelasseneren Produktszenen, zum anderen einen Ausschnitt der Realbilder des Höhepunktes.

Alle Bilder des Storyboards

Storyboard: Übersteigerte Produktszenen

Storyboard: Realaufnahmen

Prototyp

Die technische Umsetzung des Prototyps erfolgt mithilfe von Cinema 4D zur Modellierung des Smartphones und Erstellung von Animationen der Produktaufnahmen. Ein Greenscreen dient in einigen Szenen als Platzhalter für ein Handyvideo, das später in den Bildschirm eingesetzt wird. Anschließend verwenden wir After Effects zur Bearbeitung der Bildsequenzen, Animation der Typografie und der Synchronisation der auditiven und visuellen Ebene. Der Prototyp setzt noch nicht eins zu eins das Storyboard um, sondern fasst verkürzt Szenen aus dem ersten Werbeteil, das Eintauchen in den Bildschirm und Ausschnitte der überdrehten Werbeclipszenen zusammen. Dadurch vermittelt er ein erstes Gefühl für die spätere Umsetzung.

Umsetzung in Cinema 4D: Spiegelszene

Gerenderte Spiegelszene

Ersetzen des in Cinema 4D gerenderten Greenscreens in After Effects

Umsetzung in After Effects: Animation der Typografie

Finaler Prototyp